Samstag, 15. Oktober 2011

14. Oktober

Leider muss ich Udaipur heute abend schon wieder verlassen, es war die beste Stadt im besten Staat bisher. Vorher gibt's ein bisschen Sightseeing. Dabei fällt mir auf, dass mich die ganzen Sites eigentlich auch nicht so wirklich vom Hocker reissen. Liegt aber vermutlich nicht am Land. Ich sollte mal ein Vergleichs-Sightseeing in Germany machen. Ist ja fast peinlich, wenn man als Eingeborener noch nie auf Schloß Neuschwanstein war. Was mich ehrlich gesagt grade am meisten interessiert, ist, wie's in Deutschland wohl riecht. Ich meine, wenn man den indischen Geruch gewohnt ist. Entweder stinkt Udaipur einfach nicht (im Gegensatz zu jeder anderen indischen Stadt) oder ich habe mich daran gewöhnt. Jedenfall stelle ich fest, dass Uttar Pradesh (wo auch Agra samt dem Taj Mahal liegt, den man leider ausgerechnet in diesen Staat gebaut hat) ein abgefucktes Dreckloch ist (siehe Bahnhof von Jhansi) und Rajasthan 1000 mal besser ist. Auch sind die Leute viel netter und noch dazu sämtliche Preise niedriger. Aber gut, was gibt's in Udaipur zu sehen? Den "City Palace". Hier residiert (im gesperrten Teil) auch noch seine Hoheit, der Maharaja von Udaipur. Also schauen wir uns halt den Teil an, wo man reindarf. Ein nettes Häuschen hat er hier, der Herrscher. Der Marmorpool würde sich auch in meinem Garten gut machen. Noch vor dem Pool ist der Krönungssaal - recht unspektakulär, wäre da nicht ein grosses Marmorbecken. Früher hat man es bei Krönungen mit Silbermünzen aufgefüllt (voll!) und dann hat's der König aus dem Fenster gekippt, auf den Untertanen. Das machen sie aber seit den 30ern nicht mehr, nachdem sie keine offizielle Macht mehr haben, müsste es die Königsfamilie selber zahlen. Das könnten sie, die schwimmen im Geld, nur sind sie zu geizig dazu. Dann kommt ein Glitzerzimmer. Das ist wohl eine Art Schlafgemach. Zufällig neben den ... sagen wir "großzügig" ausgelegten Haremsgemächern. Dabei frage ich den Guide, was eigentlich mit den Haremsdamen passiert, wenn der König stirbt und sein Sohn König wird, der wird ja wohl kaum die alten Schachteln übernehmen wollen. Die fliegen natürlich raus, meint er, ergänzend mit einem "the life of a widow in India, you can imagine". Kann ich, Palasttür auf, Weiber raus, Palasttür zu. Obgleich im alten Rajasthan von den Witwen, noch dazu von den Königlichen, ohnehin Selberverbrennung erwartet wurde, das gehörte zum guten Ton, und ausserdem, was will man mit denen noch? Dann sieht man noch das Schlafgemach eines der letzten Herrscher. Hier hat sich die Natur ein besonders übles Scherzchen erlaubt, der wurde zwar als König geboren, war nur dummerweise körperlich schwer behindert, konnte folglich auch den Harem allenfalls zum Kochen und Mensch-ärgere-dich-nicht spielen verwenden. Aber er hat sich einen handbedienten Aufzug und ein spezielles Klo einbauen lassen. Die Küchengeräte machen übrigens auch einen recht groben Eindruck, Guide meint: "women no need gym in former times". Allerdings. Als wir rausgehen, springt der Guide untertänigst auf einen anderen Kerl zu, etwa in meinem Alter. Seltsam, normal haut er allen auf den Kopf, die er hier trifft, bei dem nicht. Der Kerl kommt her, ich schüttel ihm die Hand, er meint "nice to meet you", dann geht er wieder. Guide erklärt warum - der Kerl ist der Cousin vom Prinz, also der Neffe vom Maharaja. Feine Herrschaften! Ich bin aber zuversichtlich, dass ich die Hand trotzdem wieder waschen kann. Genug von dem Palast jetzt, es gibt noch einen Schuppen, wo man ein paar alte Autos reingestellt hat. Angeblich kommt wöchentlich ein Mechaniker und macht einen Probelauf, bei einigen der Exponate habe ich da aber meine Zweifel, dass das auch ausserhalb seiner Träume stattfindet. Ansonsten Chai, unspektakuläres Warten beim Schneider (natürlich mit Chai-Pause), Chai, Essen, Chai, Bahnhof. Der Zug steht schon da, aber Fensterklappen runter und keine Lok, also auch kein Licht - stockfinster. Ein paar Inder fummeln mit ihren Handys rum, damit's hell ist. Ich zünde die Walther, vermutlich die stärkste Lichtquelle im ganzen Land. Das schreckt das Volk im Zug natürlich auf, ehrfürchtig wird der Gang freigeräumt (und sich weggedreht, weil ich natürlich auf Augenhöhe leuchte). Aber ich darf das, ich kenne schliesslich den Cousin vom Prinz! Schlafen klappt nur mittelgut, weil wohl dummerweise ausgerechnet in meinem Wagen einige Schulklassen in pubertärem Alter unterwegs sind. Wir werden sehen, was Jaipur morgen so zu bieten hat, es dürfte aber schwer werden, Udaipur das Wasser reichen zu können...

Das Becken für die Silbermünzen

Mein neuer Pool

Glitzer-Schlafzimmer

(nochmal)

Schminkzimmer für die Damen

Ventilator - BENZINGETRIEBEN!

Dem König sein Klo (leider keine "Fergusson")

Noch ein Glitzer-Schlafzimmer

Küchengeräte

Dieser Palast wurde Ihnen präsentiert vom ... Deutschen Reich!

Indische Verkabelungstechnik. Naja, vielleicht kann man damit ja Strom speichern??

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